Bildungsprivileg: Unterschied zwischen den Versionen

Aktuelle Version vom 25. Juli 2024, 09:41 Uhr

I. § 60a UrhG – Bildungsprivileg

§ 60a UrhG regelt für Bildungseinrichtungen die Gestattung von Nutzungshandlungen in Unterricht und Lehre - ohne Zustimmung des/r Rechteinhaber:in - in Deutschland und im innereuropäischen Ausland, vgl. https://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__60a.html.

Folgende Nutzungshandlungen sind danach erlaubt:

Vervielfältigung

Verbreitung

Öffentliche Zugänglichmachung

Öffentliche Wiedergabe in sonstiger Form¹

1. Anwendungsbereich:

a. Berechtigte:

Die Vorschrift gilt für „Bildungseinrichtungen“ i.S.v. § 60a Abs. 4 UrhG

= frühkindliche Bildungseinrichtungen, Schulen, Hochschulen, Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung

Dabei wird gefordert, dass eine gewisse „Sonderbeziehung“, z.B. in Form eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses oder einer Mitgliedschaft besteht.

Bsp. Lehrpersonal, Schüler:innen, Studierende, Mitarbeiter:innen einer Bibliothek

b. Begünstigte der Nutzungshandlungen: Abs. 1

Nr. 1: Lehrende und Teilnehmer:innen einer bestimmten Veranstaltung (Bsp. Kurs, Prüfung, Vortrag…), so dass eine Weitergabe an unbeteiligte Dritte unzulässig ist

Nr. 2: Lehrende und Prüfer:innen derselben Bildungseinrichtung

Nr. 3: Dritte, sofern das hierfür verwendete Werk bereits für den Unterricht oder die Lehre an der jeweiligen Bildungseinrichtung verwendet wurde

c. Modalitäten der Nutzung:

Hierbei ist zwischen der eigenen Nutzung und der Herstellung für andere zu unterscheiden:

Eine von § 60a UrhG privilegierte Person nimmt für andere Berechtigte eine Nutzungshandlung vor

= zulässig

Bsp. Studierender wird als Stellverteter:in für eine Lehrkraft tätig

Eine von § 60a UrhG privilegierte Person nimmt für Dritte eine Nutzungshandlung vor

= unzulässig

Bsp. Studierender nimmt Nutzungshandlung für Person im eigenen Freundeskreis vor

2. Voraussetzungen im Einzelnen: Abs. 1

Zur „Veranschaulichung“ des Unterrichts und der Lehre an Bildungseinrichtungen²

Nutzung für Prüfungen

Nicht zu kommerziellen³ Zwecken

Bis zu 15 % eines veröffentlichten Werkes, wobei eine einheitliche Nutzung erfolgen muss

Änderungsverbot, § 62 UrhG

Pflicht zur Quellenangabe, § 63 UrhG

3. Besonderheiten:

a. Nutzungserweiterungen, § 60 a Abs. 2 UrhG

Danach dürfen Abbildungen, einzelne Beiträge aus derselben Fachzeitschrift oder wissenschaftlichen Zeitschrift, Werke geringen Umfangs⁴ und verwaiste Werke vollständig (nicht nur zu 15 %) genutzt werden.

b. Bereichsausnahmen, § 60 a Abs. 3 UrhG

§ 60a Abs. 3 UrhG nimmt bestimmte Werkarten und Nutzungsformen aus dem Anwendungsbereich des Bildungsprivilegs, um zu gewährleisten, dass die reguläre Verwertung eines Werkes, sowie die berechtigten Interessen der Urheber:innen bzw. Rechteinhaber:innen nicht über Gebühr beeinträchtigt werden.

Im Einzelnen: Nicht erlaubt

Abs. 3 Nr. 1: Vervielfältigung durch Aufnahme auf Bild- oder Tonträger und öffentliche Wiedergabe eines Werkes, während es öffentlich vorgetragen, auf- oder vorgeführt wird
Abs. 3 Nr. 2: Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines Werkes, das ausschließlich für den Unterricht an Schulen geeignet, bestimmt und entsprechend gekennzeichnet ist
Abs. 3 Nr. 3: Vervielfältigung

Weitere Literatur

BeckOK UrhR/Grübler, 34. Ed. 15.4.2022, UrhG § 60a Rn. 8, 9
Dr. Till Kreutzer/Hennig Lahmann, Rechtsfragen bei Open Science - Ein Leitfaden, unter Mitarbeit von Ina Kaulen, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage 2021. Abrufbar unter: https://hup.sub.uni-hamburg.de/oa-pub/catalog/view/205/ebook/1156
Dr.Till Kreutzer/Tom Hirche, Rechtsfragen zur Digitalisierung in der Lehre – Praxisleitfaden zum Recht bei E-Learning, OER und Open Content, Stand: Oktober 2017. Abrufbar unter: https://irights.info/wp-content/uploads/2017/11/Leitfaden_Rechtsfragen_Digitalisierung_in_der_Lehre_2017-UrhWissG.pdf

Quellen

[1] Hierdurch ermöglicht das Gesetz neue (unbekannte) Nutzungshandlungen.

[2] Hierbei gilt ein weiter Unterrichtsbegriff, welcher zugänglich für moderne Lernformen und unkörperliche Wiedergaben ist, vgl. BeckOK UrhR/Grübler, 34. Ed. 15.4.2022, UrhG § 60a Rn. 5.

[3] Entscheidend ist der mit der Werknutzung verfolgte Zweck, NICHT die Ausrichtung der Bildungseinrichtung selbst, vgl. BeckOK UrhR/Grübler, 34. Ed. 15.4.2022, UrhG § 60a Rn. 10.

[4] Werke mit nicht mehr als 25 Seiten, Musik und Filme nicht länger als 5 ½ Minuten, vgl. im konkreten Fall: BGH, Urteil vom 20. 12. 2007 - I ZR 42/05 - TV-Total.

Download

Das Factsheet steht hier auch zum Download bereit.

@@ Zeile 1: / Zeile 1: @@
 __NOTOC__
-<div style="float:right;">[[:File:Factsheet_-_Bildungsprivileg.pdf ‎|'''<span style="font-size:larger"><span style="color:#b32425">Download Factsheet</span></span>''']]</div><br/>
+<div style="float:left;">[[:Media:Factsheet_-_Bildungsprivileg.pdf ‎|'''<span style="font-size:larger"><span style="color:#b32425">Download Factsheet</span></span>''']]</div><br/>
 =='''I. § 60a UrhG – <span style="color:#006400">Bildungsprivileg'''</span><br/>==
 <br/>
-§ 60a UrhG regelt für '''Bildungseinrichtungen''' die Gestattung von '''Nutzungshandlungen in Unterricht und Lehre''' - ohne Zustimmung des/r Rechteinhaber:in - in Deutschland und im innereuropäischen Ausland.<br/>
+§ 60a UrhG regelt für '''Bildungseinrichtungen''' die Gestattung von '''Nutzungshandlungen in Unterricht und Lehre''' - ohne Zustimmung des/r Rechteinhaber:in - in Deutschland und im innereuropäischen Ausland, vgl. https://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__60a.html.<br/>
 <br/>
 <blockquote style="background-color:#DAF2CE; border: solid thin grey;">
@@ Zeile 16: / Zeile 16: @@
 :a.	Berechtigte:<br/>
 :Die Vorschrift gilt für '''''„Bildungseinrichtungen“''''' i.S.v. § 60a '''Abs. 4''' UrhG
-:= frühkindliche Bildungseinrichtungen, Schulen, Hochschulen, Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung
-Dabei wird gefordert, dass eine gewisse „Sonderbeziehung“, z.B. in Form eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses oder einer Mitgliedschaft besteht.
-Bsp. Lehrpersonal, Schüler:innen, Studierende, Mitarbeiter:innen einer Bibliothek<br/>
 <br/>
-:b.	Begünstigte der Nutzungshandlungen:'''Abs. 1'''<br/>
+:= frühkindliche Bildungseinrichtungen, Schulen, Hochschulen, Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung<br/>
+:Dabei wird gefordert, dass eine gewisse ''„Sonderbeziehung“'', z.B. in Form eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses oder einer Mitgliedschaft besteht.
+<br/>
+:Bsp. Lehrpersonal, Schüler:innen, Studierende, Mitarbeiter:innen einer Bibliothek<br/>
+<br/>
+:b.	Begünstigte der Nutzungshandlungen: '''Abs. 1'''<br/>
 *'''Nr. 1''': Lehrende und Teilnehmer:innen einer bestimmten Veranstaltung (Bsp. Kurs, Prüfung, Vortrag…), so dass eine Weitergabe an unbeteiligte Dritte unzulässig ist
 *'''Nr. 2''': Lehrende und Prüfer:innen derselben Bildungseinrichtung
-*'''Nr. 3''': Dritte, sofern das hierfür verwendete Werk bereits für den Unterricht oder die Lehre an der jeweiligen Bildungseinrichtung verwendet wurde
+*'''Nr. 3''': Dritte, sofern das hierfür verwendete Werk bereits für den Unterricht oder die Lehre an der jeweiligen Bildungseinrichtung verwendet wurde<br/>
 <br/>
 :c.	Modalitäten der Nutzung:<br/>
 :Hierbei ist zwischen der eigenen Nutzung und der Herstellung für andere zu unterscheiden:
+<br/>
 *Eine von § 60a UrhG privilegierte Person nimmt '''für andere Berechtigte''' eine Nutzungshandlung vor
-:= '''zulässig'''
+:= <span style="color:#008000">'''zulässig'''</span><br/>
-Bsp. Studierender wird als Stellverteter:in für eine Lehrkraft tätig<br/>
+:Bsp. Studierender wird als Stellverteter:in für eine Lehrkraft tätig<br/>
 *Eine von § 60a UrhG privilegierte Person nimmt '''für Dritte''' eine Nutzungshandlung vor
-:= '''unzulässig'''
+:= <span style="color:#008000">'''unzulässig'''</span><br/>
-Bsp. Studierender nimmt Nutzungshandlung für Person im eigenen Freundeskreis vor<br/>
+:Bsp. Studierender nimmt Nutzungshandlung für Person im eigenen Freundeskreis vor<br/>
 <br/>
 .	Voraussetzungen im Einzelnen: '''Abs. 1'''<br/>
@@ Zeile 50: / Zeile 53: @@
 <br/>
 .	Besonderheiten:<br/>
-:a.	Nutzungserweiterungen, '''§ 60a Abs. 2 UrhG'''<br/>
+:a.	Nutzungserweiterungen, '''§ 60''' <span style="color:#008000">'''a'''</span> '''Abs. 2 UrhG'''
 <br/>
 :Danach dürfen Abbildungen, einzelne Beiträge aus derselben Fachzeitschrift oder wissenschaftlichen Zeitschrift, Werke geringen Umfangs<sup>4</sup> und verwaiste Werke '''vollständig''' (nicht nur zu 15 %) genutzt werden.<br/>
-:b.	Bereichsausnahmen, '''§ 60a Abs. 3 UrhG'''<br/>
 <br/>
-:§ 60a Abs. 3 UrhG '''nimmt bestimmte Werkarten und Nutzungsformen aus dem Anwendungsbereich''' des Bildungsprivilegs, um zu gewährleisten, dass die reguläre Verwertung eines Werkes, sowie die berechtigten Interessen der Urheber:innen bzw. Rechteinhaber:innen nicht über Gebühr beeinträchtigt werden.<br/>
+:b.	Bereichsausnahmen, '''§ 60''' <span style="color:#008000">'''a'''</span> '''Abs. 3 UrhG'''
-Im Einzelnen:  <span style="color:#008000">Nicht erlaubt</span><br/>
+<br/>
+:§ 60a Abs. 3 UrhG '''nimmt bestimmte Werkarten und Nutzungsformen aus dem Anwendungsbereich''' des Bildungsprivilegs, um zu gewährleisten, dass die reguläre Verwertung eines Werkes, sowie die berechtigten Interessen der Urheber:innen bzw. Rechteinhaber:innen nicht über Gebühr beeinträchtigt werden.
+<br/>
+:Im Einzelnen:  <span style="color:#008000">'''Nicht erlaubt'''</span><br/>
 *Abs. 3 '''Nr. 1''': Vervielfältigung durch Aufnahme auf Bild- oder Tonträger und öffentliche Wiedergabe eines Werkes, während es öffentlich vorgetragen, auf- oder vorgeführt wird
 *Abs. 3 '''Nr. 2''': Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines Werkes, das ausschließlich für den Unterricht an Schulen geeignet, bestimmt und entsprechend gekennzeichnet ist
 *Abs. 3 '''Nr. 3''': Vervielfältigung
 <br/>
+=='''Weitere Literatur'''<br />==
+<br />
+*BeckOK UrhR/Grübler, 34. Ed. 15.4.2022, UrhG § 60a Rn. 8, 9
+*Dr. Till Kreutzer/Hennig Lahmann, Rechtsfragen bei Open Science - Ein Leitfaden, unter Mitarbeit von Ina Kaulen, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage 2021. Abrufbar unter: https://hup.sub.uni-hamburg.de/oa-pub/catalog/view/205/ebook/1156
+*Dr.Till Kreutzer/Tom Hirche, Rechtsfragen zur Digitalisierung in der Lehre – Praxisleitfaden zum Recht bei E-Learning, OER und Open Content, Stand: Oktober 2017. Abrufbar unter: https://irights.info/wp-content/uploads/2017/11/Leitfaden_Rechtsfragen_Digitalisierung_in_der_Lehre_2017-UrhWissG.pdf<br />
+<br />
 =='''Quellen'''<br />==
 <br />
@@ Zeile 73: / Zeile 84: @@
 =='''Download'''==
-Das Factsheet steht [[:File:Factsheet_-_Bildungsprivileg.pdf|hier]] auch zum Download bereit.
+Das Factsheet steht [[:Media:Factsheet_-_Bildungsprivileg.pdf|hier]] auch zum Download bereit.
 <br />
 <br />
 <br />
 <br />
-[[Kategorie:Materialien]]
+[[Kategorie:Factsheets]]