Leistungsschutzrechte

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Leistungsschutzrechte, §§ 70 - 95 UrhG


Neben dem Urheberrecht können noch weitere Rechte an einem Werk i.S.v. § 2 UrhG bestehen. Diese werden als Leistungsschutzrechte oder auch verwandte Schutzrechte bezeichnet.

I. Einordnung

Bei der Frage, ob ein Werk ohne Einschränkungen verwendet werden darf, sind neben dem Urheberrecht auch die Leistungsschutzrechte zu beachten. Diese ähneln in ihren Auswirkungen und Rechtsfolgen dem Urheberrecht, unterliegen jedoch keiner engen Bindung an eine Person (Urheber:in) und setzen auch kein eigenes Werk voraus.1 Sie betreffen Personen und Unternehmen, die an der Herstellung oder Darbietung eines Werkes mitwirken und „Leistungen anderer Art“ erbringen, die nicht die – für das Urheberrecht relevante - Schöpfungshöhe erreichen. Es kann daher als Instrument der rechtlichen Absicherung von Investitionen in der Film- oder Medienbranche interpretiert werden.2
Einige Leistungsschutzrechte3 finden ihre Grenzen in den gesetzlich eingeräumten Nutzungserlaubnissen (Schranken der §§ 44a ff., 60a – h UrhG), weil diese auf den Teil 1 des UrhG verweisen.

II. Zeitlicher Geltungsbereich

Leistungsschutzrechte weisen im Gegensatz zum Urheberrecht in der Regel eine wesentlich kürzere Schutzfrist von beispielsweise 25 Jahren auf, vgl. §§ 70 Abs. 3, 71 Abs. 3 UrhG. Einige Leistungsschutzrechte bieten abweichend Schutz über 50 Jahre oder 70 Jahre wie zum Beispiel §§ 94 Abs. 3, 82 Abs. 1 UrhG.
Ein weiterer Unterschied zum Urheberrecht besteht darin, dass die Schutzfrist nicht mit dem Tod des/r Urheber:in, sondern mit der Entstehung bzw. Veröffentlichung des von dem Leistungsschutzrecht umfassten Inhalts beginnt.

III. Gegenstände

Der Schutzbereich der Leistungsschutzrechte ergibt sich aus Teil 2 des UrhG (§§ 70 - 95 UrhG) und dem Gesetz zur Anpassung des Urheberrechtes an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts4. Das Gesetz unterteilt den Schutzumfang wie folgt:

1. Schutz bestimmter Ausgaben:

  • Wissenschaftliche Ausgaben, § 70 UrhG
Die Norm betrifft Fälle, in denen aufgrund mangelnder Schöpfungshöhe i.S.v. § 2 Abs. 2 UrhG Ausgaben wissenschaftliche Werke oder Texte nicht urheberrechtlich geschützt sind. Um die Tätigkeit mit solchen Inhalten dennoch zu honorieren, hat der Gesetzgeber den Verfasser:innen wissenschaftlicher Ausgaben ein Leistungsschutzrecht eingeräumt, welches dem Urheberrecht inhaltlich gleichgestellt ist.5
Zu beachten ist hierbei, dass sich der Schutz nur auf die von dem/der Verfasser:in neu erarbeitete Ausgabe, nicht jedoch auf (Ursprungs-)Werk bezieht.6


  • Nachgelassene Werke, § 71 Abs. 1 UrhG:
Zum einen betrifft § 71 Abs. 1 UrhG den Fall, dass ein nicht erschienenes Werk nach Erlöschen des Urheberrechtes erstmalig veröffentlicht oder öffentlich wiedergegeben wird. Zum anderen wird davon die Konstellation erfasst, dass ein Werk, welches nie urheberrechtlichen Schutz genossen hat und nicht erschienen ist, durch eine dritte Person genutzt wird. Der veröffentlichenden Person steht nach Abs. 1 das Recht zur Verwertung an dem nachgelassenen Werk zu.
Im Gegensatz zu § 70 UrhG muss es sich bei § 71 UrhG um ein Werk i.S.v. § 2 UrhG handeln, so dass sonstige ungeschützte Gegenstände nicht darunterfallen. Weiterhin erstreckt sich der Umfang des Leistungsschutzrechtes nicht nur auf die konkrete Ausgabe, sondern auch auf das Werk an sich und steht dem/der Herausgeber:in zu. Einen wissenschaftlichen Bezug muss das Erscheinen7 bzw. die öffentliche Wiedergabe hingegen nicht aufweisen.8


2. Schutz von Lichtbildern und Lichtbildwerken: § 72 UrhG

§ 72 UrhG betrifft individuelle Werke i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG wie Fotografien, sowie Lichtbilder, die die Schwelle zur Werkqualität nicht erreichen. Bei Letzteren handelt es sich zum Beispiel um alltägliche Familienfotos, Urlaubsfotos oder Schnappschüsse, die keine besonderen (fotografischen) Fähigkeiten erfordern. § 71 UrhG nimmt damit allein den „rein technischen Vorgang“ in den Blick. Lichtbilder sind entweder in Teilen oder auch als Ganzes schutzfähig. Hierbei gilt die Prämisse, je weniger individuell eine Leistung oder ein Werk ist, desto geringer auch dessen Schutzumfang.9
In seinem Umfang sind beide Arten von Schutzgegenständen gemäß dem Teil 1 des UrhG geschützt, auch hier wird also das Leistungsschutzrecht dem Urheberrecht gleichgestellt.


3. Schutz ausübender Künstler: §§ 73 - 83 UrhG

  • In den Anwendungsbereich der §§ 73 - 83 UrhG fallen ausübende Künstler wie zum Beispiel Schauspieler:innen, Sänger:innen oder Personen, die in anderer Weise an einer künstlerischen Darbietung mitwirken. Für diesen Personenkreis sieht das Gesetz eine ganze Reihe an Rechten vor, die zum einen als Verwertungsrechte und zum anderen als Persönlichkeitsrechte ausgestaltet sind. § 74 Abs. 1 UrhG regelt das Recht der Anerkennung als ausübender Künstler, sowie die Namensnennung. Auch § 75 UrhG schützt persönlichkeitsrechtlich relevante Aspekte wie zum Beispiel das Ansehen oder den Ruf des/der Künstler:in. Danach wird den Künstler:innen das Recht eingeräumt, eine Entstellung oder anderweitige Beeinträchtigung der Darbietung zu verbieten.
Als Verwertungsrechte stehen den ausübenden Künstler:innen die ausschließlichen Rechte der Aufnahme, Vervielfältigung und Verbreitung der Darbietung, sowie das Recht zur öffentlichen Wiedergabe aus §§ 77 Abs. 1 und 2 S. 1, 78 Abs. 1 UrhG zu. Die vorgenannten Verwertungsrechte gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 UrhG übertragbar. Außerdem haben ausübende Künstler:innen einen Anspruch auf angemessene Vergütung, welche sich aus §§ 79a, b UrhG ergeben kann.


  • § 81 S. 1 UrhG ordnet explizit für Veranstalter:innen einer Darbietung (Unternehmen) die Anwendbarkeit der §§ 77 Abs. 1 und 2 S. 1, 78 Abs. 1 UrhG an. Das heißt, dass diese neben den ausübenden Künstler:innen auch die Rechte der Aufnahme, Vervielfältigung und Verbreitung der Darbietung, sowie das Recht zur öffentlichen Wiedergabe genießen. Persönlichkeitsrechte können Veranstalter:innen der Darbietung jedoch nicht für sich in Anspruch nehmen.


  • Ihre Grenzen finden die Verwertungsrechte aus §§ 77, 78 (i.V.m. § 81) UrhG in den Schranken der §§ 44a ff. UrhG. Die zeitliche Schutzdauer ist komplex ausgestaltet, wobei die Verwertungsrechte aus §§ 77, 78 UrhG für die ausübenden Künstler:innen 70 Jahre nach dem Erscheinen des Tonträgers oder nach der ersten öffentlichen Wiedergabe erlöschen. Sofern die Darbietung nicht auf einem Tonträger aufgezeichnet wurde, ändert sich die Schutzdauer nach 50 Jahren, vgl. § 82 Abs. 1 UrhG. Veranstalter:innen stehen die Verwertungsrechte wesentlich kürzer zu, nämlich 25 Jahre nach der ersten Benutzung einer Aufzeichnung oder der Aufzeichnung der Darbietung, vgl. Abs. 2.