Kopierschranke: Unterschied zwischen den Versionen
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Außerdem dürfen nur so viele Kopien gemacht werden, wie für den jeweils im Einzelfall angestrebten Zweck erforderlich sind (einzelne Vervielfältigungsstücke).<br/> | Außerdem dürfen nur so viele Kopien gemacht werden, wie für den jeweils im Einzelfall angestrebten Zweck erforderlich sind (einzelne Vervielfältigungsstücke).<br/> | ||
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Version vom 19. Oktober 2022, 10:43 Uhr
I. § 53 UrhG - Vervielfältigungen zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch
Ausgangspunkt hierbei ist das in §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG verbürgte Vervielfältigungsrecht von Urheberinnen und Urhebern. Durch dieses Recht erhalten Urheber:innen die Möglichkeit, Einfluss auf die Verwertung, insbesondere die Weitergabe ihrer Werke zu nehmen.
Werknutzer:innen können diese Möglichkeit wiederum durch vertragliche Rechteeinräumung oder aufgrund einer gesetzlichen Nutzungsbefugnis in § 53 UrhG für sich in Anspruch nehmen. Diese trägt auf der einen Seite dem Interesse der Allgemeinheit, an einer unkomplizierten Nutzung fremder Werke, und auf der anderen Seite der Tatsache Rechnung, dass Vervielfältigungen im privaten Bereich für den/die Werkurheber:in kaum kontrollierbar sind. In praktischer Hinsicht sorgt es dafür, dass für bestimmte Vervielfältigungshandlungen keine Zustimmung des/r Rechteinhaber:innen eingeholt werden muss.
1. Anwendungsbereich:
Für den Fall der Vervielfältigung ist die sog. „Kopierschranke“ gesetzlich in § 53 UrhG verankert. Diese lässt die Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke ohne Zustimmung des/r Urheber:in zu, sofern dabei keine rechtswidrige oder öffentlich zugängliche Vorlage verwendet wird.
Außerdem dürfen nur so viele Kopien gemacht werden, wie für den jeweils im Einzelfall angestrebten Zweck erforderlich sind (einzelne Vervielfältigungsstücke).
2. Voraussetzungen:
a. Privater Gebrauch (Abs. 1):
- = „Gebrauch in der Privatsphäre zur Befriedigung rein persönlicher Bedürfnisse durch die eigene Person oder die mit die mit ihm durch ein persönliches Band verbundenen Personen.1“
Das heißt, es ist ausschließlich natürlichen Personen gestattet, zu nicht-kommerziellen Zwecken Kopien anzufertigen oder diese durch Dritte herstellen zu lassen (S. 2). Dabei ist es unerheblich, ob die Vervielfältigungsstücke von eigenen Werken oder fremden Originalen angefertigt werden.
Gesetzlich erlaubt sind beispielsweise2:
- Die Anfertigung von Kopien mit analogen oder digitalen Mitteln
- Weitergabe im Familien- und Freundeskreis
- Speicherung in Cloud
- Aufzeichnung von TV-Sendungen
BEACHTE: Verkauf oder Verbreitung (Öffentliche Wiedergabe) sind dagegen untersagt, vgl. Abs. 6!
→ Einschränkungen der sog. „Privatkopierschranke“3:
Es dürfen keine Kopien von offensichtlich rechtswidrig hergestellten oder öffentlich zugänglich gemachten Werken (Online-Tauschbörsen, kostenlose Musik-Downloads) hergestellt werden.
- P: Maßstab für die „Offensichtlichkeit“?
In welchen Fällen eine Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder öffentlich zugänglich gemacht worden ist und wann nicht, ist von dem Gesetzgeber bisher nicht abschließend geklärt.
Jedoch wird die Ansicht vertreten, dass man unter Berücksichtigung des Einzelfalles und anhand der Form und Art der Vorlage auf deren Rechtswidrigkeit schließen könne. Diesen Maßstab zugrundeliegend, sind Vervielfältigungsstücke nur dann offensichtlich rechtswidrig hergestellt, wenn die Möglichkeit einer Erlaubnis durch den/die Rechteinhaber:in oder einer anderweitigen Privilegierung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
Im Rahmen der öffentlichen Zugänglichmachung sei es in der Praxis leichter erkennbar und nachweisbar, dass es zu einer rechtswidrigen Vervielfältigung gekommen ist. Denn hierbei kommt es in der Regel immer auf die Zustimmungsbedürftigkeit des/r Rechteinhaber:in an, wenn beispielsweise Filme oder Teaser hochgeladen oder gestreamt werden sollen.
Nutzer:innen seien jedoch nicht dazu verpflichtet, Nachforschungen anzustellen oder sich bei Zweifeln professionellen Rechtsrat einzuholen.4
- Weiterhin dürfen Kopien nicht angefertigt werden, wenn die Vorlage mit einer technischen Schutzmaßnahme i.S.v. §§ 95a und b UrhG versehen ist.
Beispiel: Kopierschutz auf DVDs
b. Sonstiger eigener Gebrauch (Abs. 2):
Maßgeblich hierbei ist die Herstellung zur eigenen Verwendung und nicht zur Weitergabe an Dritte!5
Der Gebrauch zu diesem Zweck ist im Unterschied zu Abs. 1 sowohl natürlichen als auch juristischen Personen gestattet.
Inhaltlich besteht Abs. 2 S. 1 aus mehreren Spezial-Tatbeständen, welche die zustimmungsfreie Herstellung oder das „Herstellenlassen“ von Vervielfältigungen zu folgenden Zwecken erlauben:
Nr. 2:Aufnahme in eigenes Archiv
- Vervielfältigung muss zu diesem Zweck „geboten“ sein: Der Archivierungszweck ist in der Sicherung und internen Nutzung des vorhandenen Werkbestandes zu sehen.6
- Es muss ein eigenes Werk als Vorlage dienen
Nr. 3:Eigene Unterrichtung zu Tagesfragen
- Die Sendung des Werkes über Funk ist notwendige Voraussetzung (§ 20 UrhG)
Nr. 4: Sonstiger eigener Gebrauch
- Sofern es sich um kleine Teile eines erschienenen Werkes oder um einzelne Beiträge handelt
- Beiträge sind in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen
- Werk ist mindestens seit 2 Jahren vergriffen
S. 2 schränkt den „sonstigen eigenen Gebrauch“ dahingehend ein, dass eine Vervielfältigung nur in folgender Art und Weise zulässigerweise erfolgen darf:
- Vervielfältigung auf Papier oder ähnlichem Träger
- Ausschließlich analoge Nutzung
- c. Vergütungspflicht nach §§ 54 ff. UrhG:
Dabei handelt es sich um die sog. „Kopiergeräte- und Leermedienabgabe“, wobei die Ausschüttung an die jeweiligen Urheber:innen über Verwertungsgesellschaften geschieht.
3. Ausnahmen vom zustimmungsfreien Vervielfältigungsrecht:
Im UrhG selbst sind wiederum Einschränkungen des Vervielfältigungsrechtes zum privaten oder sonstigen Gebrauch vorgesehen.
a. § 53 Abs. 4 UrhG ist als „Rückausnahme“ von der Vervielfältigungsfreiheit gemäß § 53 Abs. 1-3 UrhG zu verstehen, welche ihrerseits eine gesetzliche Ausnahme darstellt.
Einfach gesagt bedeutet dies, dass bezüglich folgender Werkarten für Vervielfältigungshandlungen eine vorherige Zustimmung des/r Urheber:in notwendig ist:
- Graphische Aufzeichnungen von Werken der Musik (= Musiknoten)
- Bücher und Zeitschriften, wobei eine nahezu vollständige Kopie beabsichtigt sein muss
b. Abs. 7 der Vorschrift stellt einen festen Katalog an Werkarten auf, für die ebenfalls ein generelles Zustimmungserfordernis besteht7:
- Aufnahme öffentlicher Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen eines Werkes auf Bild- oder Tonträger
Grund? Die Aufnahme geschieht nicht in privater Umgebung.8
- Ausführung von Plänen und Entwürfen zu Werken der bildenden Künste
- Nachbau eines Werkes der Baukunst
Grund?
Die Handlung greift wesentlich in die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis des/r Urheber:in ein.
4. Verhältnis zu anderen gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen:
a. Sonderregelungen betreffend Computerprogramme oder Datenbankwerke:
- Abs. 5 sieht eine Beschränkung für elektronische Datenbankwerke nach § 87a Abs. 1 UrhG vor. Sinn und Zweck dieser Regelung war nach der Datenbank-RL, Beeinträchtigungen bei der Auswertung von elektronischen Datenbanken vorzubeugen, welche durch die „Kopierschranke“ entstehen könnten.
- Letztlich sehen §§ 69c Abs. 1 Nr. 1, 69d ff. UrhG gesonderte Bestimmungen für Computerprogramme vor.
b. Beziehung zu vertraglichen Vereinbarungen:
Hierbei ist insbesondere die Frage der Vergütung für die Vervielfältigungshandlungen in den Blick zu nehmen. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes macht es insofern keinen Unterschied, ob der/die Rechteinhaber:in vertraglich die Zustimmung zur Nutzung erteilt hat oder diese gesetzlich gewährt wird.9 Das bedeutet, dass ein Vergütungsanspruch gemäß §§ 54 ff. UrhG unabhängig davon besteht. Hat der/die Rechteinhaber:in bereits für die Erteilung der Erlaubnis eine Vergütung erhalten, kann er/sie keine zusätzliche Gerätevergütung verlangen.10
Quellen
[1] BGH, Urt. v. 14.04.1978 – I ZR 111/76.
[2] Dr.Till Kreutzer/Tom Hirche, Rechtsfragen zur Digitalisierung in der Lehre – Praxisleitfaden zum Recht bei E-Learning, OER und Open Content, Stand: Oktober 2017, S. 35. Abrufbar unter: https://irights.info/wp-content/uploads/2017/11/Leitfaden_Rechtsfragen_Digitalisierung_in_der_Lehre_2017-UrhWissG.pdf.
[3] Dr.Till Kreutzer/Tom Hirche, Rechtsfragen zur Digitalisierung in der Lehre – Praxisleitfaden zum Recht bei E-Learning, OER und Open Content, Stand: Oktober 2017, S. 36.
[4] Dreier/Schulze, 7. Auflage 2022, UrhG § 53 Rn. 12-12b.
[5] Dreier/Schulze, 7. Auflage 2022, UrhG § 53 Rn. 18; vgl. amtl. Begr. zur Novelle von 1985, BT-Drs. 10/837, 9.
[6] Dreier/Schulze, 7. Auflage 2022, UrhG § 53 Rn. 27.
[7] Dreier/Schulze, 7. Auflage 2022, UrhG § 53 Rn. 48.
[8] Vgl. amtl. Begr. BT-Drs. IV/270, 71.
[9] EuGH zur Geräteabgabe: EuGH, Urt. v. 27.06.2013 – C-457 – 460/11 – VG Wort; EuGH, Urt. v. 05.03.2015 – C-463/12 – Copydan Bandkopi/Nokia Dankmark.
[10] Dreier/Schulze, 7. Auflage 2022, UrhG § 53 Rn. 6a.
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